troutsushi

joined 1 year ago
[–] [email protected] 11 points 7 months ago

Ich habe viele Jahre in der Bonner Innenstadt gewohnt. Mein Auto stand in der Garage in Beuel, also runde 20 min (Straßenbahn+Fußweg) entfernt.

Wenn ich das Auto brauchte, etwa für Besuche der Familie auf dem Land, Großeinkäufe, Möbel usw., bin ich mit den Öffis oder dem Rad in den anderen Stadtteil zur Garage gefahren. Alles andere ging zu Fuß oder direkt mit ÖPNV/Rad.

Seither bin ich zutiefst überzeugt vom Konzept Tokios: Für jedes auf einen Anwohner anzumeldende Auto muss ein privater Stellplatz nachgewiesen werden. Es ist eben nicht gottgegebenes Recht, in engen urbanen Gebieten den öffentlichen Raum mit Privateigentum vollzustellen.

Inzwischen wohne ich weniger zentral, aber nah genug, um mit dem Rad in die Stadt zur Arbeit zu pendeln. Und zum Mehrparteienhaus gehört eine Tiefgarage. Einen Stadtteil weiter kommen dann die Einfamilienhäuser mit privaten Stellflächen.

Auto mit Innenstadtwohnlage darf Luxus sein.

[–] [email protected] 8 points 8 months ago

Given that I don't have any personal gain from proliferating biking as a means of personal transportation, I'd rather consider myself a bike preacher.

[–] [email protected] 11 points 8 months ago (3 children)

A decent bike needn't be expensive. For as little as 300€, you can have a new bike that'll do just fine for recreational use and simple commutes. Used bikes can usually be had really cheap, too, but for that you'd best know how to check the components and what to look for.

Race bikes, mountain bikes and pedelecs are a different thing, but those are either specialty sports equipment or luxury items.

Either way, (normal) bikes are easy and cheap to maintain, if used correctly.

[–] [email protected] -5 points 8 months ago

Die „Soldaten sind Mörder!“-Plakate der letzten zwei Jahrzehnte waren halt politisch erfolgreicher, als man meinte.

[–] [email protected] 10 points 8 months ago

Du streitest mit einem selbstgebauten Strohmann: Vor dir hat niemand angenommen, dass die Regierung durch den Aufruf zu Protesten jede andere Handlung gegen Rechtsextremismus ausschließt.

Der Rechtsstaat muss jetzt zeigen, dass er gegen Rechtsextremismus robust ist. Unter anderem die laufende Absicherung der Justiz gegen Übernahmen durch rechtsextreme Landesregierungen zeigt, dass da was läuft. Gerade währenddessen ist es aber ungemein wichtig, auch die Mehrheitsgesellschaft auf den Kampf gegen Nazis einzuschwören.

Und dazu muss dir träge Masse eben aktiviert sein. Die Teilnahme an Demos ist eine gute Aktivierung. Ich wage zu behaupten, dass Leute, die zur Teilnahme an Demos bewegt wurden, eher auch zu Wahlen gehen werden. Und wir brauchen in naher Zukunft wirklich jeden bisherigen Nichtwähler gegen Extremisten.

[–] [email protected] 23 points 8 months ago (29 children)

Wieso? Die Regierung ist ja auch nur eine mehrheitlich gewählte Führung auf Zeit. Wenn gesamtgesellschaftlich eine Menge davon abhängt, dass eine Mehrheit sich aktiver an Demokratie beteiligt, ist es doch sogar die natürliche Aufgabe der Regierung, zu mehr Aktivität aufzurufen.

[–] [email protected] 10 points 8 months ago

Die Schwachstelle ist, dass die Besetzung von höchsten Verwaltungsposten alleine zwischen der gewählten Regierung und den von ihr ernannten politischen Beamten stattfindet. Wenn Faschisten demokratisch zur Regierung gewählt werden, können sie verfassungsfeindliche Spitzenbeamte einsetzen, die dann verfassungsfeindlich die jeweiligen Behörden leiten.

Grundsätzlich gibt es einige Schutzmechanismen vor einem Unrechts-Regime, nicht zuletzt die Remonstrationspflicht jedes einzelnen Beamten, die bei rechtswidrigen Anweisungen von oben dazu verpflichtet, die Meldekette hoch seine Einwendungen einzubringen.

Das Problem, das der Artikel aufzeigt, ist aber, dass die zweithöchste und die höchste Stelle im Land beide von einhelligen Faschisten besetzt sein können, die dann faschistisch durchregieren.

Die Gerichte sind da zunächst machtlos (weil nicht von sich aus zuständig) und der Bund hat noch nie gegen sowas vorgehen müssen, weswegen man gar nicht weiß, wie genau eine Anwendung von Artikel 37 des Grundgesetzes aussehen würde.

Das ist nicht nur in Sachsen und Thüringen so, aber dort aufgrund der Wahlprognose am akutesten.

[–] [email protected] 2 points 8 months ago (2 children)

Die Kritik sehe und teile ich, aber genau diese Kritik wurde häufig gerade zur Begründung der falschen Dichotomie angeführt, dass man das dreigliedrige System schlachten müsse oder eben mit Fällen wie deinem leben müsse.

Es hätte einheitliche und zentrale Feststellungsverfahren vor jedem Schulwechsel gebraucht. Wenn Defizite aus dritten Gründen bestehen (wie in deinem Fall), wäre die daraus folgende Empfehlung im Widerspruchsverfahren durch Sonderförderung oder spätere Zweitfeststellung anfechtbar gewesen.

Ich kenne hingegen übrigens persönlich mehrere Fälle von sehr leistungsfähigen und -willigen Menschen, die durch den zwangshaften Drang an die Uni richtig unglücklich wurden: Das System Hochschule passte schlicht nicht in ihre Befähigung.

Und wenn man sich die Zahlen zu den Umschulungen nach langen, erfolglosen Uni-Karrieren anschaut, haben wir auch außerhalb meiner anekdotischen Empirie Nachweise dafür, dass viele, viele gute Fachangestellte die für sie passende Ausbildung nun mit Anfang oder Mitte 30 abschließen anstatt mit Anfang 20. Das sind lockere 10 Jahre × Hunderttausende Fälle volkswirtschaftlicher Schaden, während wir allein schon für die absurden Rentenkassen jede Hand an Deck bräuchten. Von den persönlichen Schicksalen, Depressionen, Fehlinvestitionen, rückläufigen Geburten und anderen Folgeerscheinungen mal ganz zu schweigen.

[–] [email protected] 6 points 8 months ago (5 children)

Die entscheidende Frage für die Beobachtung ist ja, woher der Gendergap bei Bildungsabschlüssen kommt: Hat sich das System oder haben sich die jungen Männer verändert?

Einerseits ist die Nivellierung der bildungsbedingten Klassengesellschaft ungünstig für alle, die es eher schwer haben, einen Hochschulabschluss zu erlangen. Die effektive Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems und die Entwertung aller nichtakademischen Ausbildungen geht zulasten derer, die einen Lebensunterhalt ohne Studium bestreiten müssen.

Während Frauen früher eher systemisch von der Hochschulen ferngehalten wurden, taten sich Jungen schon immer in der Schule schwerer. Es ist gut, dass Frauen akademisch entfesselt wurden. Gleichzeitig bleiben die jungen Männer, die schon in der Schule scheitern, leider auf der Strecke. Die Studienabbrecherquote lag bspw. 2016 bei Männern zwischen 8 und 12 Prozent höher als bei Frauen (laut Heublein und Schmelzer im DZHW-Projektbericht 2018). Hier ist Förderung gefragt und, sofern sie nicht fruchtet, wertige alternative Lebenswege für alle Nicht-Studierten.

Ich glaube, das Problem bestünde weniger ausgeprägt, wenn man mit Hauptschulabschluss und Gesellenbrief ohne Naserümpfen anderer und mit einem lebensfähigen Salär seinen Lebensunterhalt bestreiten könnte. Zumindest den Akademikerinnen in meinem Umkreis ging und geht es bei der Partnerwahl selten um einen Bildungsstatus, sondern um eine Augenhöhe in der Beziehung. Wenn einer von allen Seiten durchgehende vermittelt bekommt, weniger wert zu sein, klappt das nicht. Gleichzeitig haben Ärztinnen und Volljuristinnen Partner ohne formalen Abschluss jenseits des Abiturs, die aber durch eine selbstgemachte Spezialisierung auf ihrem Gebiet das notwendige Feuer für ihren eigenen Lebensweg mitbringen.

Ganz klar meine Meinung und wahrscheinlich nicht sonderlich beliebt: Die Haupt- und Realschulen zugunsten der Gesamtschulen und zulasten der Gymnasien abzuschaffen war ein Fehler; die Uni oder FH ist eben nicht für jeden oder auch nur die Mehrheit der bessere Weg als eine gute Ausbildung. Dadurch sind jetzt all jene, die sich nicht irgendwie durch eine Akademie quälen können, vollends abgehängt und lebenslang gesellschaftlich gemarkt. Anstatt die Gesellschaft einheitlich gleicher zu machen, hat man einen riesigen Graben geschaffen. Das deutsche Ausbildungssystem war gesamtgesellschaftlich besser.

Der Artikel selbst wendet übrigens schon noch ein, dass die absoluten Zahlen bei den jungen Erwachsenen noch nicht dramatisch sind:

In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen waren es bei der letzten Bundestagswahl 7,7 Prozent der Männer und 5 Prozent der Frauen. Die Unterschiede sind also auch nicht riesig. Und: 92 Prozent der jungen Männer haben nicht die AfD gewählt.

[–] [email protected] 56 points 9 months ago (12 children)

Unpopuläre Meinung:

Religionslehre gehört in einem demokratischen Staat mit Religionsfreiheit zu den wichtigen Aufgaben der allgemeinen Schulbildung, damit eben nicht allein die organisierten Religionsgemeinschaften die alleinige Deutungshoheit im Leben religiöser Mitbürger haben. Dazu braucht es säkulare, staatlich und eben nicht von den Religionsgemeinschaften selbst ausgebildete Religionslehrer und ein fachwissenschaftlich erarbeitetes Curriculum, das alle großen (sprich: im Staatsvolk hinreichend häufig abgebildeten) Religionen nebeneinander gleich behandelt. Überkommen hingegen ist ein konfessionsgebundener Reli-Unterricht, wie er bisher bestand.

[–] [email protected] 13 points 9 months ago (1 children)

Und was das angeht sollten solche Annahmen eigentlich auch explizit irgendwo erwähnt werden.

Wird sie nach Paragraph 41 Absatz 2 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (seit der ersten Fassung von 1976) folgendermaßen:

Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben.

Das nennt sich dann die „3-Tage-Fiktion“. Und ja, angesichts der dauerhaften und massiven Ausfälle der Post sollte diese Zustellungsvermutung mal angefasst werden.

Ehe sich jetzt aber Empörung breit macht: Weil das Nicht-Einteten einer Zustellung quasi nicht nachweisbar ist, liegt die Gefahr der „3-Tage-Fiktion“ bei der Behörde. Behauptet der Empfänger, dass nichts kam, kommt in der Regel bei fristwahrenden Sachen ein zweites Exemplar zeitnah hinterher – als Einschreiben.

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