this post was submitted on 02 Mar 2024
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Das Ganze ist doch von vornherein von Nicaragua schon "ad hominem". Warum verklagen ausgerechnet die ausgerechnet und ausschließlich Deutschland? Wenn du siehst, wie wir uns jetzt hier wieder alle zanken, hast du zumindest einen großen Teil deiner Antwort.
So funktioniert ad hominem nicht.
Wenn dich Diskussionen stören, dann lass es halt mit dem Zanken. Erkenne an, dass an dem Vorwurf was dran ist, egal wer den Vorwurf äußert. Deutschland ist international isoliert und macht sich unglaubwürdig.
(x) Zweifel. Wenn du mal ein tatsächlich international isoliertes Land sehen möchtest, dann schau dir vielleicht mal den Absender Nicaragua an. Womit sich Deutschland gerade am meisten international isoliert, ist der Eiertanz unseres Kanzlers bezüglich Waffenlieferungen an die Ukraine.
Die Frage, ob an dem Vorwurf etwas dran ist, behandele ich gar nicht. Das kann der IGH besser entscheiden als irgendwelche Typen online. Ich werde aber nicht die Augen davor verschließen, dass es nichts mit Zufall oder gar irgendeiner Achtung der Menschenrechte Ortegas zu tun hat, dass ausgerechnet er sich jetzt ganz gezielt Deutschland herauspickt, um Diskussionen loszutreten. Dem einen mag es egal sein, über wessen Stöckchen er für sein Ziel springt, der andere mag sogar Sympathien für die dahinterstehenden haben, aber am Ende heiligt der Zweck meist doch nicht die Mittel.
Ich finde die Diskussion ja gut. Du wolltest nicht, weil du meinst das spiele Russland in die Karten.
Der IGH hat einen Anfangsverdacht bestätigt, nicht mehr aber auch nicht weniger. In der deutschen Öffentlichkeit wird Menschen Antisemitismus vorgeworfen wird und sogar ein jüdischer Israeli bekommt Todesdrohungen, wenn er von Apartheid spricht. Das ist nicht normal. In anderen westlichen Ländern werden die Diskurse viel offener geführt und nur die deutsche Medien- und Politikelite maßt sich eine abweichende Antisemitismusdefinition an.
Du, ich glaube, so lange wie es in diesem Land nicht möglich ist, ohne Angst vor tätlichen Übergriffen offen erkennbar als Jude durch die Straßen zu laufen, wie in anderen westlichen Ländern möglich, brauchen wir hier wirklich nicht so tun, als hätte die gesellschaftliche Waage in unserem Land dorthin Schlagseite wie du es insinuieren möchtest.
Ich insinuiere nicht. Und du lieferst ein perfektes Beispiel für meine These. Es ging um mögliche Verbrechen des Staates Israels oder der israelischen Regierung. Die Kritik daran ist nicht antisemitisch, wird aber unzulässigerweise als solche bezeichnet.
Du redest von Angriffen auf Juden und Jüdinnen. Das ist Antisemitismus, das hat aber auch niemand bestritten. Du machst damit aber genau das, was nach Definition Antisemitismus ist, nämlich dass du alle Juden und Jüdinnen mit Israel gleichsetzt, und deshalb Kritik an Israelischer Regierungspolitik mit Judenhass gleichsetzt. Weder ich noch der israelische Jude auf der Berlinale noch linksextreme angebliche Antisemiten haben irgendetwas gegen Juden oder Jüdinnen, sondern es geht immer einzig und allein um den Staat Israel als eine kapitalistisch organisierte Nation, die sich ans Völkerrecht zu halten hat wie alle anderen auch.
Ich setze nicht alle Juden mit Israel gleich. Ich erlebe nur, dass wir in einem Land leben, wo man bereits heute sowohl als Israeli als auch als Jude Angriffen ausgesetzt wird, insofern sehe ich nicht, dass es keinen Raum für Israelkritik gibt. In meiner Stadt jedenfalls wirst du mit einer Palästina-Flagge deutlich länger unbeschadet umherlaufen können als mit einer Israel-Flagge. Oder ist dein Punkt, dass du Israel-Kritik hierzulande loslösen möchtest vom vorherrschenden Antisemitismus? Ja, sehr gerne! Dafür wäre allerdings erforderlich, dass die Israel-Kritiker in den eigenen Reihen auch konsequent diejenigen aussortieren, die in ihrer Israelkritik eigentlich ihren Antisemitismus versteckt haben, wie bspw. bei Nakba-Aufmärschen erkennbar. Schwierig wird es darüber hinaus hierzulande, wenn diese Kritik darin gipfelt, dem Staat Israel als ganzes seine Existenzberechtigung absprechen zu wollen. Wie ich finde, aus durchaus gutem Grund.
Ich verstehe den Verweis auf den Kapitalismus nicht? Willst du sagen, nur "kapitalistisch organisierte Nationen" müssen sich ans Völkerrecht halten?
De facto ist das mit dem Völkerrecht ja bereits heute schon so eine Frage. Ob Russland in der Ukraine oder China im sog. Südchinesischen Meer, wirklich erkennbar wollen die wenigsten Staaten tatsächlich ihre Ambitionen dem Völkerrecht unterordnen. Zumal, wenn du wie Israel, einem Kriegsgegner gegenüberstehst, der selber ziemlich frei von Grundsätzen und Regeln agiert. Natürlich würde ich auch begrüßen, wenn Krieg etwas "sauberer" wäre, aber das Völkerrecht ist, so zynisch es klingen mag, auch keine Einbahnstraße.
Ja gut wir reden aneinander vorbei.
Nein, alle haben sich ans Völkerrecht zu halten. Ich meinte damit, dass viele Menschen Israel auf dieselbe Weise kritisieren wie sie jede kapitalistische Nation kritisieren, so wie Deutschland oder die USA auch. Das Grundproblem bei kapitalistischen Nationen ist, dass sie Menschen in Inländer und Ausländer einteilen und dadurch zusätzlich zur Ausbeutung der arbeitenden Klasse noch dazu streben, andere Völker auszubeuten.
Möchtest du dich mit diesen Staaten messen? Es ist doch gerade ein wesentliches Element unserer aufgeklärten fortschrittlichen westlichen Demokratien, dass es bei uns höhere moralische Standards geben soll. Und genau daran müssen sich alle messen. Wenn Russland die Ukraine angreift, macht es das dann okay, wenn andere Staaten das auch tun oder zuvor getan haben? Nein. Und da bitte ich dich, alle Nationen am selben hohen Standard zu messen und keine Abwärtsspirale zu befördern.
Ich finde es ja sehr interessant, dass dir als erstes Beispiel Russland und China einfällt, und nicht die USA, die Irak und Afghanistan angegriffen, dort Zivilbevölkerung massakriert haben, die Whistleblower verfolgen, die das öffentlich gemacht haben, die seit vielen Jahrzehnten immer wieder in anderen Ländern putschen. Und die literally durch Völkermord an den Ureinwohnern gegründet wurden, die sie immer noch unterdrücken.
Magst du das etwas erläutern? Was hätten die zivilen Opfer deiner Meinung nach tun sollen, dass sie es verdient hätten, dass Israel sich ans Völkerrecht hält?
Ich weiß nicht, ob ich da mitgehen kann. Die Einteilung in In- und Ausländer findest du ja auch in den realsozialistischen Staaten. Andererseits war Amerika als das kapitalistische und das Einwanderungs-Land lange Zeit sehr liberal diesbezüglich. Und ob die UdSSR als Kernpunkt ihres Blocks nicht auch ihre Macht genutzt hat, um für sich vorteilhafte Beziehungen zu den Bruderstaaten des Südens durchzusetzen, darf wohl auch bezweifelt werden. Ich denke also nicht, dass Ausbeutung real tatsächlich an nur einem Wirtschaftssystem hängt.
Intellektuell in in der Theorie bin ich da ganz bei dir. Und doch zeigt mir nicht zuletzt die Invasion Russlands, dass wir uns mit der Diskrepanz zwischen theoretischem Anspruch und erlebter Realität auseinandersetzen müssen. Ein Land wie Russland hat es offen auf unsere aufgeklärte, liberale und "westliche" Gesellschaft abgesehen, darum werden wir wohl früher oder später die Diskussion führen müssen, wie wir mit der fortschreiten Erosion völkerrechtlicher Grundsätzlichkeiten umgehen möchten, wenn unsere Gegenspieler sich nicht länger diesem Regelwerk unterwerfen möchten. Das siehst du in Klein eben bspw. in Israel, wo die Hamas ihren Terror auch völlig wahllos auf die Zivilbevölkerung zieht und sich selbst, auch nicht ganz "regelkonform" hinter der Bevölkerung einer dicht besiedelten Stadt versteckt.
Ich glaube, es gibt in linken Kreisen nur wenige Pfade, die derart ausgetrampelt sind wie der Verweis auf die Verbrechen der Amerikaner. Da die Welt letztlich nie Schwarz-Weiß ist, wollte ich mit meinen Beispielen mal zwei Länder bemühen, die in diesen Kreisen normalerweise nicht so oft thematisiert werden, aber auch ihre Beachtung verdient haben. Ich beschränke das aber nicht auf diese beiden Kandidaten, sondern schreibe ja "die wenigsten Staaten tatsächlich ihre Ambitionen dem Völkerrecht unterordnen". Das beinhaltet natürlich auch die Amerikaner.
Verdient im Kontext von zivilen Opfern und Krieg finde ich schwierig. Für gewöhnlich ist es nicht die Zivilbevölkerung, die sich einen Krieg wünscht, sie ist jedoch einer der primären Leidtragenden eines Krieges. Was ich mit "Einbahnstraße" in dem Kontext meine, ist, dass es schwierig ist, wenn die eigene Seite den Gegner mit Terrormethoden und ohne Regelwerk und Rücksicht auf die Zivilbevölkerung auslöschen möchte, man aber gleichzeitig verlangt, dass dieser Gegner bei der Bekämpfung bitte strikt "nach Regeln" vorgeht und die eigenen Zivilbevölkerung schützt. Insofern trägt die Hamas mit ihrer gewählten Art des Krieges auch Gaza-intern eine größere Verantwortung für die derzeitige Zerstörung und die Opfer, als ihr insbesondere dort momentan oft zugeschrieben wird.