this post was submitted on 02 Mar 2024
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Ich weiß nicht, ob ich da mitgehen kann. Die Einteilung in In- und Ausländer findest du ja auch in den realsozialistischen Staaten. Andererseits war Amerika als das kapitalistische und das Einwanderungs-Land lange Zeit sehr liberal diesbezüglich. Und ob die UdSSR als Kernpunkt ihres Blocks nicht auch ihre Macht genutzt hat, um für sich vorteilhafte Beziehungen zu den Bruderstaaten des Südens durchzusetzen, darf wohl auch bezweifelt werden. Ich denke also nicht, dass Ausbeutung real tatsächlich an nur einem Wirtschaftssystem hängt.
Intellektuell in in der Theorie bin ich da ganz bei dir. Und doch zeigt mir nicht zuletzt die Invasion Russlands, dass wir uns mit der Diskrepanz zwischen theoretischem Anspruch und erlebter Realität auseinandersetzen müssen. Ein Land wie Russland hat es offen auf unsere aufgeklärte, liberale und "westliche" Gesellschaft abgesehen, darum werden wir wohl früher oder später die Diskussion führen müssen, wie wir mit der fortschreiten Erosion völkerrechtlicher Grundsätzlichkeiten umgehen möchten, wenn unsere Gegenspieler sich nicht länger diesem Regelwerk unterwerfen möchten. Das siehst du in Klein eben bspw. in Israel, wo die Hamas ihren Terror auch völlig wahllos auf die Zivilbevölkerung zieht und sich selbst, auch nicht ganz "regelkonform" hinter der Bevölkerung einer dicht besiedelten Stadt versteckt.
Ich glaube, es gibt in linken Kreisen nur wenige Pfade, die derart ausgetrampelt sind wie der Verweis auf die Verbrechen der Amerikaner. Da die Welt letztlich nie Schwarz-Weiß ist, wollte ich mit meinen Beispielen mal zwei Länder bemühen, die in diesen Kreisen normalerweise nicht so oft thematisiert werden, aber auch ihre Beachtung verdient haben. Ich beschränke das aber nicht auf diese beiden Kandidaten, sondern schreibe ja "die wenigsten Staaten tatsächlich ihre Ambitionen dem Völkerrecht unterordnen". Das beinhaltet natürlich auch die Amerikaner.
Verdient im Kontext von zivilen Opfern und Krieg finde ich schwierig. Für gewöhnlich ist es nicht die Zivilbevölkerung, die sich einen Krieg wünscht, sie ist jedoch einer der primären Leidtragenden eines Krieges. Was ich mit "Einbahnstraße" in dem Kontext meine, ist, dass es schwierig ist, wenn die eigene Seite den Gegner mit Terrormethoden und ohne Regelwerk und Rücksicht auf die Zivilbevölkerung auslöschen möchte, man aber gleichzeitig verlangt, dass dieser Gegner bei der Bekämpfung bitte strikt "nach Regeln" vorgeht und die eigenen Zivilbevölkerung schützt. Insofern trägt die Hamas mit ihrer gewählten Art des Krieges auch Gaza-intern eine größere Verantwortung für die derzeitige Zerstörung und die Opfer, als ihr insbesondere dort momentan oft zugeschrieben wird.