this post was submitted on 27 Apr 2024
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Und die, die sich am allermeisten über die Inflation aufregen sind oftmals die, die die Klimawandelleugner und Klimawandelverharmloser wählen. Es ist zum kotzen. Angesichts der letzten Jahre muss ich aufpassen nicht zum Misanthropen zu werden.
Um kein Misanthrop zu werden hilft es Verständnis für anders Denkende aufzubringen.
Ich z.B. könnte mir vorstellen, dass die Wähler von Klimaleugnern nur zum kleinen Teil selber Klimaleugner sind. Viel mehr denke ich, dass das Geringverdiener sind, die sich so schon wegen der Inflation finanzielle und existenzielle Sorgen machen müssen. Da führt es dann zu Frust, wenn durch die neue Klimapolitik die Kosten noch weiter steigen. Eine solche Reaktion finde ich verständlich und die Politik macht nicht genug, um diesen Menschen genug Sicherheit zu bieten.
Das kann natürlich sein. Das glaube ich allerdings nicht so richtig. Meiner Beobachtung nach sind das nicht nur Geringverdiener. Das ist natürlich jetzt auch nicht sonderlich belegt.
Aber die Wissenschaft hat sich scheinbar schon mit dem Thema beschäftigt. Was ich gefunden habe ist:
https://www.uni-bonn.de/de/neues/025-2024
Ob das jetzt stimmt weiß ich natürlich nicht aber der ur-linke Reflex alles schlechte auf materielle Ursachen zurückzuführen ist vielleicht nicht in jedem Falle richtig.
Kann ich anekdotisch so bestätigen, dass es um Identität geht. Wieso die betreffende Person allerdings kein Problem damit hat, ihre Identität mit der Familie zu verlieren, will mir nicht in den Kopf.
Ich bin nicht bereit, die linke Erkenntnis, dass das Sein das Bewusstsein bestimme, einfach so über den Haufen zu schmeißen.
Aber natürlich funktioniert die tatsächliche Kausalkette etwas komplizierter als es mit so einem Schlagwort ausgedrückt werden kann.
Wobei sie dann auch gegen ihre eigene Interessen wählen. Die meisten Parteien, die gegen Klimamaßnahmen sind, haben auch sonst wenig für Geringverdiener zu bieten.
Da stimme ich dir zu, ich will hier auch nicht die Seite der Klimaleugner bewerben oder sowas, sondern viel mehr möchte ich zeigen, dass die Probleme die wir aktuell haben, meiner Meinung nach Symptome eines änderungsbedürftigen Systems sind. Und ihren Ursprung nicht in "dummen Menschen" haben.
Wie viel Macht ein System implizit hat, sieht man ja auch in den USA. Dort ist nirgendwo explizit geregelt, dass es nur zwei Parteien gibt. Mit der Zeit hat es sich aber einfach so entwickelt, weil unteranderem Klein-Parteien im Wahlkampf nicht unterstützt werden. Das bedeutet längst nicht, dass die Bürger in den USA nur zwei verschiedene politische Meinungen haben, sondern viel mehr ist es das System, was die Menschen zwingt, ihre komplexe Meinung in eine einzige Dimension zu quetschen.
Ähnliches passiert auch hier in Deutschland. Es wird immer nur von Links-Rechts gesprochen, statt dass man versucht das politische Spektrum vollständig darzustellen. Dazu kommen diverse psychologische Effekte (z.B.: strategisches Wählen, Autoritätsglaube, Confirmation Bias, Gruppenpolarisierung) die beim Erstellen des deutschen demokratischen Systems nicht berücksichtigt wurden.
Zusammengefasst würde ich sagen, dass im aktuellen politischen System nicht genug berücksichtigt wurde, dass wir in einer Informationsgesellschaft leben. Es kommt, für die Meinungsbildung, eben viel mehr drauf an, wie man Informationen aufnimmt, statt welche Informationen man aufnimmt. Davon auszugehen, dass die Menschen immer rational handeln, ist meiner Meinung nach DER Fehler des Systems.
Ich will diese Menschen auch nicht als "dumm" bezeichnen oder stigmatisieren.
Die von dir vorgebrachten Probleme treffen absolut zu. Zumal die Medien die Informationsvereinfachung und -verbreitung leider mitbetreiben. Es ist mittlerweile viel wichtiger jede Aussage (egal wie blödsinnig) möglichst schnell aufzunehmen, statt erst mal dessen Inhalt zu analysieren. Jeder Tweet wird zum "Gate" aufgeblasen, während die anschließende Aufarbeitung keine Sau mehr interessiert.
Es ist traurig, besonders für jene die deshalb gegen ihre eigenen Interessen wählen.
Leute, denen es schlecht geht, haben weniger zu verlieren. Sie sind daher grundsätzlich eher bereit "Alternativen" (badum-tss) auszuprobieren.
Und wenn durch Klimawandelfolgen Lebensmittelpreise steigen, führt das nicht zu Frust?
Klimaschutz wurde Jahrzehnte lang vernachlässigt. Wird es noch. Solange ich denken kann, hat man den Leuten gesagt "je später wir was unternehmen, desto teurer und unangenehmer wird es". Tja, was soll ich sagen, "später" ist jetzt.
D'accord. Ich trage ja schon länger die Hypothese mit mir rum das mehr als nur ein bisschen des zu beobachtenden zivilisatorischen Niederganges der letzten Dekaden ursächlich auf den Klimawandel zurückzuführen ist, inklusive des globalen Rechtsrucks in der Politik.
Die Kausalkette scheint da ziemlich offensichtlich. Mehr und mehr Ökosysteme kollabieren → Druck auf die restlichen Ökosysteme steigt → Noch mehr Ökosysteme kollabieren noch schneller → Druck auf politische, wirtschaftliche, und soziale Systeme steigt mit.
Und, typisch Mensch, greift man dann in Reaktion darauf (lies: politisch reaktionär) nach altbewährten "Lösungen", weil früher war ja alles besser also lass uns alles so machen wie damals™, dann wird das schon wieder. Wird natürlich nicht funktionieren, denn hat es sowieso noch nie plus die Problemlage ist jetzt grundlegend anders.
Das führt natürlich zu der Frage was denn eine Lösung wäre, und die erschütternde Antwort ist wahrscheinlich das es keine rechtzeitig umsetzbare Lösung gibt. Ein evolutionärer Ansatz ist zu langsam und ein revolutionärer Ansatz zu zerstörerisch um effektiv zu helfen. Der einzige Weg den ich sehe der vielleicht helfen könnte wäre der UN oder einer vergleichbaren Organisation globale Exekutiv- und Legislativgewalt in Klimafragen zu übertragen, damit sich der Kampf gegen den Klimawandel halt nicht nur in Lippenbekenntnissen erschöpft die aus dem Fenster fliegen sobald man den wirtschaftlichen Wettbewerbsnachteil darin erkennt. Aber dafür ist das internationale Misstrauen zwischen den Nationalstaaten wahrscheinlich (schon/wieder/noch immer) zu groß, und die bereits beginnenden Ressourcenkriege und Massenmigrationen werden in der Hinsicht auch nicht helfen.
Tja in der Tat.
Verständnis allein hilft ja nicht. Wenn ich nachvollziehe, wieso Menschen die Realität leugnen und ihren eigenen Untergang wählen, dann kann ich mich nicht beruhigt zurücklehnen.
Helfen tut dann nur, selbst Hand anzulegen, aktiv zu werden und zu sehen, dass es andere ebenfalls tun. Wenn alle nur labern und sich über Dummheit aufregen aber selbst Vollzeit an ihrer Rente arbeiten, dann frustriert das auch.