Attacke mit Messer und Schraubenschlüssel: Der Überfall von Neonazis auf Journalisten im thüringischen Fretterode wird neu verhandelt.
Der sogenannte Fretterode-Prozess um einen Überfall von Neonazis auf zwei Journalisten in Thüringen muss neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob das vielfach als skandalös kritisierte Urteil des Landgerichts Mühlhausen am Mittwoch auf. Jetzt muss eine andere Strafkammer des thüringischen Gerichts den Fall noch einmal ganz von vorn verhandeln.
Selten hatte ein Urteil derart umfassend für Empörung gesorgt. Von einem „Schlag ins Gesicht“ aller engagierten Reporter:innen und einem „fatalen Signal an die rechtsextreme Szene“ sprach die Deutsche Journalistinnen- und Journalistenunion in der Gewerkschaft Verdi. Von einem „Freifahrtschein“ für Neonazis sprach die Grünen-Fraktion im Thüringer Landtag. Und selbst die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, krawalligen Zuspitzungen eher unverdächtig, konstatierte nüchtern einen „Skandal“.
Im April 2018 hatten zwei Männer aus dem Umfeld von Thorsten Heise – der eine sein Sohn, der andere so etwas wie sein politischer Ziehsohn – die beiden Reporter erst im Auto rund um das thüringische Dorf Fretterode gejagt und sie schließlich mit einem Messer und einem gewaltigen Schraubenschlüssel schwer verletzt. Heise, Bundesvize der NPD (die sich heute „Die Heimat“ nennt), ist seit Jahrzehnten eine der einflussreichsten Figuren des militanten Neonazismus in Deutschland und Europa. Die Journalisten hatten an jenem Tag ein vermutetes Treffen von Rechtsextremen auf Heises Anwesen in Fretterode dokumentieren wollen.
Das Landgericht in Mühlhausen aber zeigte sich verständnisvoll und ließ Heise-Sohn Nordulf H. mit 200 Arbeitsstunden, seinen Gesinnungsgenossen Gianluca B. mit einer zwölfmonatigen Bewährungsstrafe davonkommen.
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Wenn Richter Konsequenzen fürchten müssten, wäre es schwer für sie, Recht zu sprechen. Nur weil hier schwere Fehler passiert sind heißt es nicht dass das System an sich nicht funktioniert.