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Deutschland

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Sammelbecken für deutsche Kartoffeln und ihre Geschichten über Deutschland.

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Da ich mich seit Kurzem durchgerungen habe, für Nachrichten auch was zu zahlen, ich das aber nicht jedem zumuten will:

Volltext

Für Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist es eine Woche zum Vergessen. Am Donnerstag bekleben erst Aktivisten der Letzten Generation eine Wand der Bibliothek in seinem Ministerium mit Plakaten, nachdem sie sich Zutritt zum Ministerium verschafft haben. Am Nachmittag dann muss der FDP-Politiker einen mächtigen Abteilungsleiter feuern. Grund sind Recherchen des SPIEGEL.

Das »nötige Vertrauensverhältnis des Ministers zu dem Abteilungsleiter besteht nicht mehr fort«, lässt der Minister über seinen Staatssekretär Stefan Schnorr ausrichten. Auch ein weiterer ranghoher Beamter, der Leiter des Wasserstoffreferats, werde »mit sofortiger Wirkung von der Leitung dieses Referats entbunden«.

»Deutliche Ungereimtheiten« Wissings Staatssekretär ist nervös. Er muss auf der eilends einberufenen Pressekonferenz ablesen, was er zuvor den Vorsitzenden von Haushalts- und Verkehrsausschuss in einem Brief mitgeteilt hat: Es gebe in dem Fall des Abteilungsleiters »deutliche Ungereimtheiten und Widersprüche«. Es bestünden »erhebliche Zweifel daran, dass alle Feststellungen des Abschlussberichts aufrechterhalten werden können«, so Schnorr.

Die geheimen E-Mails des Verkehrsministers Seine Worte sind eine peinliche Offenbarung: Eine Affäre um den Abteilungsleiter und seine Mitarbeiter wurde offenbar nicht gründlich aufgearbeitet, der besagte Abschlussbericht ist weitgehend wertlos, Wissing und sein Staatssekretär haben die Öffentlichkeit nicht korrekt über das Ausmaß des Skandals informiert. Der Minister musste handeln: Klaus Bonhoff, der besagte Abteilungsleiter, wird fristlos gekündigt, sein Referatsleiter in die Eisenbahnabteilung versetzt, im Verkehrsministerium (BMDV) kommt das einer Höchststrafe gleich.

Verhängnisvolle E-Mails Mehrere E-Mails und eine Aktennotiz waren den beiden zum Verhängnis geworden. Der SPIEGEL hatte sie mit Hinweis auf das Informationsfreiheitsgesetz vor Monaten angefordert und am 2. Februar erhalten.

Die Dokumente erhärteten einen Verdacht, den das »Handelsblatt« bereits im vergangenen Sommer erhoben hatte: Demnach hatte der Beamte Bonhoff seinem Freund Werner Diwald vom Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellenverband ein großes Weihnachtsgeschenk gemacht: eine Millionenförderung für den Verband, bezahlt aus öffentlichen Mitteln. Bonhoff und Diwald kennen sich gut, sie duzen sich und waren schon gemeinsam im Urlaub.

»wie besprochen, (...) HG Klaus.« aus E-Mail von Wissings Abteilungsleiter Bonhoff im April 2021

In E-Mails hatte Diwald ab April 2021 immer wieder auf eine schnelle Förderung gedrängt, Bonhoff leitete sie umgehend an seinen ihm untergeordneten Referatsleiter weiter: »wie besprochen, (...) HG Klaus«. Als sich die Genehmigung hinzog, drängte Bonhoff: »Wie ist der Plan hierzu?«. Der Verdacht der Kungelei wurde immer klarer.

Ministerium reagiert auf SPIEGEL-Bericht

Als der SPIEGEL am 6. Februar über die derart untermauerten Vorwürfe berichtete, schien das Verkehrsministerium unbesorgt zu sein. Es blieb bei der Darstellung, es habe keine unzulässige Einflussnahme durch den Abteilungsleiter gegeben. Öffentlich sagte ein Ministeriumssprecher: »Die vermeintlich neuen Erkenntnisse sind dem BMDV bekannt.«

Tatsächlich aber kannten weder Wissing noch sein Staatssekretär noch die vier internen Kontrolleure die besagten E-Mails. Das Wasserstoffreferat hatte Tausende E-Mails und rund 14 Gigabyte Datenmaterial trotz Nachfrage für die interne Untersuchung nicht zur Verfügung gestellt. Die hausinterne Kontrolle habe versagt, sagt der Linkenabgeordnete Victor Perli. »Dafür trägt der Minister die volle Verantwortung.«

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Förderpraxis eines Ministeriums, das viele Jahre offenbar einem Selbstbedienungsladen glich. Das legt ein weiterer Fall nahe, zu dem ebenfalls Dokumente vorliegen. Im Mittelpunkt: der ehemalige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Mit ein paar Federstrichen bewilligte er demnach Fördergelder in Millionenhöhe, selbst wenn ihm seine eigenen Experten im Ministerium zunächst davon abgeraten hatten. Auch damals ging es um Wasserstoff.

Steuergelder für BMW und Co. Der bayerische Autokonzern BMW, der ein Wasserstoff-Konsortium namens HyCET anführt, hatte die Förderung für ein Modellvorhaben geplant. Konventionelle Dieselmotoren sollten so umgebaut werden, dass sie mit Wasserstoff betrieben werden können. So sollten nach den Vorstellungen der Antragsteller relativ einfach klimafreundliche Lkw auf die Straße gebracht werden.

Doch die Realität sah anders aus: Deutsche Lkw-Hersteller hatten sich längst auf klimafreundliche Brennstoffzellen und Batterien konzentriert. Die Fachebene im Verkehrsministerium lehnte den Antrag im Februar 2020 daher ab. Zu gering sei der Wirkungsgrad gegenüber der Brennstoffzelle, zu hoch der Verbrauch kostbaren Wasserstoffs, hieß es. Man solle sich auf anderes konzentrieren.

Es mag Zufall sein, dass BMW im Freistaat Bayern angesiedelt ist und unweit von Scheuers Wahlkreis Passau ein großes Werk betreibt, jedenfalls änderte sich die Haltung zu dem geplanten Förderantrag im CSU-regierten Ministerium innerhalb eines Monats. In einer Ministervorlage vom 11. März 2020 war von Bedenken nicht mehr die Rede, das Projekt wurde positiv beschrieben.

»Dann los!« Handschriftliche Bemerkung von Verkehrsminister Scheuer an Ministervorlage im März 2020

In einer E-Mail schrieb der damalige Chef der Abteilung Leitung, also Scheuers rechte Hand, kurz darauf: Er könne »nach Rücksprache mit Minister Scheuer« mitteilen, dass dieser »ausdrücklich eine Förderung« des besagten Projekts unterstütze. »Dann los!«, schrieb Scheuer mit grüner Tinte. Und so flossen rund 11,3 Millionen in das Projekt.

Auch in einem anderen Fall wurde gefördert, trotz »erheblicher Zweifel« der Fachabteilung, wie Schnorr am Donnerstag einräumen musste: 290 Millionen Euro gingen an ein »Innovations- und Technologiezentrum für Wasserstoff«. Eine Anfrage dazu ließ Scheuer bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Auch diesen Fall will Wissing überprüfen. Jetzt, wo dem Ministerium hoffentlich alle E-Mails vorliegen.

Parallelen zum Mautdebakel In die Amtszeit von Ex-Verkehrsminister Scheuer fällt auch der Skandal um die Pkw-Maut, zu der die jüngsten Aktenfunde Ähnlichkeiten aufweisen. Ende 2018 hatte sich Scheuer entschlossen, den Vertrag mit einem Betreiber-Konsortium für die Straßenabgabe einzugehen, obwohl es kritische Stimmen in seinem Ministerium gab.

Auch ignorierte er den Rat von Fachleuten, vor Unterzeichnung des Vertrags mit den Mautbetreibern ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Zulässigkeit der Maut abzuwarten. Das Urteil im Juni 2019 fiel negativ aus. Scheuer kündigte den Vertrag, doch die Betreiber konnten Schadensersatzzahlungen von 243 Millionen Euro durchsetzen.

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